Rechte und Pflichten des Bürgermeisters in Rheinland-Pfalz
Verwaltungschef, Repräsentant – und Diener des Gemeinderats
Einleitung
Der Bürgermeister ist das Gesicht der Ortsgemeinde – er schneidet Bänder durch, stellt Holzbänke auf, leitet Sitzungen und beantwortet Bürgerfragen. Doch hinter der Repräsentation steckt ein klar geregelter, juristisch eingebetteter Auftrag: Der Bürgermeister ist nicht autonomer Entscheidungsträger, sondern ein kommunaler Funktionsträger mit klaren Rechten, Pflichten und Grenzen. Dieser Artikel legt dar, was der Bürgermeister darf, was er muss – und wo seine Macht endet.
Gesetzlicher Rahmen: Die Gemeindeordnung RLP
Die Rolle des Bürgermeisters ist in den §§ 49–53 der Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz (GemO RLP) geregelt. Besonders wichtig:
- § 50 GemO: Leitung der Verwaltung
- § 36 Abs. 1 GemO: Vorsitz im Gemeinderat
- § 34 Abs. 1: Vorbereitung der Sitzungen
- § 53: Stellung als Ehrenbeamter
I. Rechte des Bürgermeisters – Was er darf und kann
🔹 1. Leitung der Gemeindeverwaltung (§ 50 GemO)
- Der Bürgermeister führt die laufenden Geschäfte der Verwaltung.
- Er entscheidet selbstständig über sogenannte „Geschäfte der laufenden Verwaltung“ – also regelmäßig wiederkehrende, nicht-grundlegende Vorgänge (z. B. Zahlungsanweisungen, kleinere Aufträge, Umsetzung von Ratsbeschlüssen).
🔹 2. Vorsitzender des Gemeinderats (§ 36 GemO)
- Er beruft den Rat ein, leitet die Sitzungen und stellt die Tagesordnung auf (in Zusammenarbeit mit Beigeordneten).
- Er darf Vorschläge und Anträge einbringen.
🔹 3. Vertretung der Gemeinde nach außen
- Er unterschreibt Verträge, vertritt die Gemeinde gegenüber Behörden, Gerichten und Dritten.
- Er ist das „Gesicht“ der Gemeinde – insbesondere bei feierlichen Anlässen, Einweihungen etc.
🔹 4. Verwaltungschef mit Durchgriff
- Er hat Weisungsrecht gegenüber den Gemeindemitarbeitern.
- Er entscheidet über die interne Organisation und Zuständigkeiten in der Verwaltung.
II. Pflichten des Bürgermeisters – Was er muss
✅ 1. Rechtsbindung
- Er ist an Gesetze, Satzungen und Ratsbeschlüsse gebunden.
- Er darf nichts eigenmächtig beschließen, was der Gemeinderat zu entscheiden hat (§ 50 Abs. 3 GemO).
✅ 2. Beschlussausführungspflicht
- Alle vom Gemeinderat gefassten Beschlüsse sind vom Bürgermeister umzusetzen, selbst wenn er persönlich anderer Meinung ist.
✅ 3. Neutralität in der Sitzungsleitung
- Als Sitzungsleiter hat er die Pflicht zur Neutralität.
- Er darf Diskussionen nicht dominieren oder Meinungen beeinflussen, sondern muss sachlich moderieren.
✅ 4. Informationspflicht gegenüber dem Rat
- Der Bürgermeister muss den Rat umfassend, rechtzeitig und korrekt informieren (§ 34 Abs. 1 GemO).
- Er darf Informationen nicht selektiv zurückhalten oder verzögern.
III. Grenzen der Rechte – Wo der Bürgermeister nicht tun darf, was er will
❌ 1. Keine Alleinentscheidungen über Grundsatzfragen
- Der Bürgermeister darf keine politischen Entscheidungen treffen, die dem Rat vorbehalten sind.
- z. B. keine eigenmächtige Grundstücksvergabe
- keine Investitionsbeschlüsse
- keine Satzungsänderungen
- keine Personalentscheidungen in gehobenen Positionen (wenn nicht übertragen)
❌ 2. Keine Umgehung des Gemeinderats
- Der Rat ist der Chef. Der Bürgermeister ist ausführendes Organ.
- Eine Umgehung (z. B. durch Verwaltungsvorgänge ohne Ratsinformation) ist rechtswidrig und kann gerichtlich überprüft werden.
❌ 3. Keine politische Dominanz
- Der Bürgermeister ist Verwaltungszuständiger, nicht Fraktionsführer.
- Er darf keine Ratsmitglieder unter Druck setzen, manipulieren oder bevorzugen.
- Appelle an „Loyalität“ oder „Geschlossenheit“ dürfen nicht dazu führen, dass Ratsmitglieder an ihrer freien Meinungsäußerung gehindert werden.
❌ 4. Keine eigenständige Öffentlichkeitsarbeit gegen Ratsentscheidungen
- Der Bürgermeister darf keine öffentliche Meinung gegen Ratsbeschlüsse machen, es sei denn, es geht um rein persönliche Meinungsäußerung (die aber klar getrennt sein muss vom Amtsauftritt).
IV. Typische Konfliktlinien – und wie sie aufgelöst werden
Konflikt | Bürgermeister darf nicht… | Rechtliche Klarstellung |
---|---|---|
Eigenmächtige Auftragsvergabe | … ohne Ratsbeschluss handeln | § 50 Abs. 3 GemO |
Sitzung nicht einberufen | … bei berechtigtem Antrag verweigern | § 34 Abs. 3 GemO |
Info zurückhalten | … bei wichtigen Angelegenheiten verschweigen | § 34 Abs. 1 GemO |
Entscheidungen vorwegnehmen | … ohne Rücksprache mit dem Rat agieren | Ratsvorbehalt in § 30 GemO |
V. Fazit: Der Bürgermeister ist mächtig – aber gebunden
Der Bürgermeister ist das organisatorische Zentrum der Gemeinde – aber kein politischer Alleinherrscher. Seine Autorität beruht auf Vertrauen, Gesetzestreue und respektvollem Umgang mit dem Gemeinderat.
Er darf gestalten, aber nicht bestimmen.
Er soll führen, aber nicht herrschen.
Und er muss ausführen, was der Rat entscheidet – nicht umgekehrt.